Page 22 - Freizeitarena
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trends
interview
Fünf Fragen an Peter Köhler Herr Köhler: Ist Schach wirklich ein Sport?
Sport bedeutet Wettkampf, und dazu braucht es Köpfchen – in der einen Sportart weniger, in der anderen mehr. Körperkraft dagegen braucht es nicht immer, wofür Schach ein Beispiel ist (ein anderes wäre Schießen). Das einzige Argument gegen die Anerkennung von Schach als Sport lautet, dass in einem Wett- kampf die Leistung entscheiden soll, nicht das Glück. Schach- partien, in denen nach fünfstündigem Kampf durch einen ein- zigen schweren Fehler eine Gewinnstellung verdorben wird, beweisen, dass Schach ein Glücksspiel ist. Oder Unglücks- spiel.
Warum ist Schach nur was für Männer?
Ein Russe sagte einmal: »Frauen spielen Schach, Männer leben es.« Frauen sind sozialere Wesen; Männer können bes- ser von allem, was wichtig ist, abschalten, also die Welt außerhalb des Schachbretts komplett ignorieren und sich auf das, was in ihrem Kopf so vorgeht, beschränken. Deshalb gibt es unter den Männer weit mehr Genies, aber auch weit mehr Trottel. Aber da Frauen sich mehr und mehr emanzipieren, sind sie auch schachlich im Kommen.
literatur
Der Göttinger Peter Köhler tritt als Satiriker (»Die neue Göttinger Gruppe«) sowie als Lach-, Sach- und Schachbuchautor in Erscheinung. Sein neuestes
Werk, laut Klappentext »ein heiteres und unterhaltsa-
mes Potpourri« aus der Welt des Schachspiels und -sports, beinhaltet »geniale Kombinationen und unglaubliche Geistesblitze, peinliche Schlappen und haarsträubende Patzer«, belegt anhand zahlreicher Funde aus der Literatur-, Kunst- und Musikgeschichte:
Peter Köhler: Das große Schach-Allerlei. Verwegenes, Verrücktes und Verkorkstes auf 64 Feldern. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2016, 192 Seiten, 14,90 Euro.
Muss man sehr verschroben sein, um ein guter Schachspieler zu werden?
Verschrobenheit ist jedenfalls nicht hinderlich. Einige der größten Meister waren große Sonderlinge: Der Österreicher Wilhelm Steinitz forderte Gott zum Wettkampf heraus und wollte ihm sogar einen Bauern als Vorgabe spendieren (d. h. Steinitz hätte einen seiner Bauern vom Brett genommen). Der Pole Akiba Rubinstein wähnte sich ständig von einer Fliege verfolgt. Und an den Wirrkopf Bobby Fischer erinnern sich gewiss noch einige Leute.
Schach und Komik – inwieweit verträgt sich das?
Wie alles, was ernst betrieben wird, hat auch das Schach lustige Seiten. Es gibt verrückte Einfälle, groteske Partien, aberwitzige Stellungen und lächerliche Fehler; und es gibt, wie jeder Vereinsspieler bestätigen kann, komische Leute unter den Schachspielern. Oder, um das Wort aufzugreifen, verschrobene.
2011 haben Sie ein Buch mit Fußballwitzen veröffentlicht (»Zwei Pferde üben Elfmeterschießen«, ebenfalls im Verlag »Die Werkstatt«). Erzählen Sie uns einen guten Schach-Witz?
Es gibt nicht viele Witze und Anekdoten über Schach – aber hier doch eine hübsche Anekdote aus dem 19. Jahrhundert Als der Komiker Friedrich Beckmann am Wiener Burgthea- ter wirkte, näherte sich ihm im Kaffeehaus ein Bewunderer und fragte: »Wie wär’s mit einer Schachpartie, Herr Hof- schauspieler?« Beckmann willigte ein, und sofort war der Tisch von Kiebitzen umlagert. Noch mehr aber staunte der Bewunderer über die rätselhaften und raffinierten Züge sei- nes großen Gegenübers, bis es ihm dämmerte: »Aber Herr Hofschauspieler, Sie können ja gar nicht Schach spielen!« »Hab ich nie behauptet«, sagte Beckmann.


































































































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