Page 16 - Freizeitarena Heft 40
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gesund
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Göttlicher
(Halb-)Schlaf
Vierzig Jahre hat Frau S. geraucht, und das, so befand sie eines Tages, sollte reichen. Eine Talk- show im Fernsehen inspirierte sie dazu, es mit Hypnose zu versuchen, über das örtliche Bran- chentelefonbuch informierte sie sich über lokale Anbieter und kam schließlich, weil sie ganz in der Nähe wohnt, zu Angelika Pflüger. Pflüger ist dip- lomierte psychologische Beraterin und Hypno- setherapeutin mit den Schwerpunkten Zwangser- krankungen sowie Ängste und Phobien. Sie behan- delt aber auch Sucht-, Schmerz-, sogar Schlaganfall- und Krebspatienten mit ganzheit- licher Therapie und kooperiert bei alldem mit dem Zentrum für medizinische Hypnose im Göttinger Brauweg.
Hypnose, benannt nach Hypnos, dem griechischen Gott des Schlafes, gehört zu jenen Verfahren der Alterna- tivmedizin, die hier und da auf Vorbehalte stoßen. Das am häufigsten anzutreffende Klischee unterstellt,
dass der Patient sich in völlige Willenlosigkeit und Abhängig- keit vom Therapeuten begibt, dass Letzterer folglich »alles« mit seinem Opfer veranstalten und dieses radikal umpolen kann. Triviale Medienmythen, aber auch Show-Hypnosen füt- tern solche Stereotypen und erzeugen unbegründete Ängste. »Nichts kann ohne den Willen der Patienten geschehen«, sie sind immer Herr der Lage, auch in der Hypnose, betont dage- gen Angelika Pflüger: »innere Blockaden überschreitet man nicht.« Mit anderen Worten: ein Mensch, der nicht hypnotisiert werden will, kann auch nicht hypnotisiert werden.
Auch Frau S. wusste schon vor dem Beginn ihrer Behandlung, dass »ein großer Eigenanteil« für deren Erfolg nötig ist: Ohne den eigenen Willen geht gar nichts. Eine Hypnose muss immer ein Ziel haben, zum Beispiel den tief empfundenen Wunsch, Nichtraucher zu werden oder keine Angst mehr vorm Zahnarzt oder vor Prüfungen zu haben. Dass man von den therapeuti- schen Methoden überzeugt sein sollte und dem therapierenden Personal vertraut, versteht sich von selbst, es sind Vorausset- zungen, die für alle Heilungsprozesse gelten, nicht nur für alternativmedizinische.
Hypnose als effektive Therapie und (ent-)spannende Erfahrung
Angelika Pflüger
In einem ausführlichen, rund 90 Minuten dauernden Gespräch lernt die Therapeutin ihre Klienten kennen, ermittelt vor allem deren Bedürfnisse und Probleme: Warum raucht Frau S.? In welchen Situationen, warum will sie aufhören usw. Ängste, Suchtverhalten – all das ist schließlich Kopfsache, und bei der Hypnose geht es vor allem darum: Automatismen loszuwerden, sein Selbstbild zu verändern, zum Beispiel vom Ichverständnis »Raucher« loszukommen und ein »Nichtraucher« zu sein. Eine solche Anamnese hat fast schon den Charakter einer Gesprächstherapie, fand Frau S. Es folgt bei einem zweiten Termin eine »Kennenlernhypnose« von rund 45 Minuten Dau- er, damit man vor der eigentlichen Hypnose nicht mit zwei Befürchtungen zu tun hat: eventuellen Ängsten vor der Hypno- se und dem Stress, Nichtraucher werden zu müssen. Der dann gar kein Stress war. Im Gegenteil: Frau S. beschreibt die eigent- liche, einstündige Hypnosesitzung als ungemein angenehme Erfahrung, die, nachdem man sich erst einmal bei leiser Musik in einem Entspannungssessel auf die Atmosphäre eingelassen hat, mit einem »Countdown« beginnt, zum Beispiel, indem man sich vorstellt, eine Treppe herab zu schreiten. Was folgt, ist ein Zustand, den Frau S. plastisch beschreibt, »als liege man in einer Badewanne und nur die Nase guckt raus«: Man befindet sich nicht in Absence oder einem Tiefschlaf, sondern in einer Trance »knapp unter dem Bewusstsein«, man hört und begreift, was die Therapeutin sagt, man kann reagieren und auf Fragen antworten. Man fühlt sich »wie an die Hand genommen« und wird »in sich hinein geführt«.
F
staunt. Und dieses gut durchblutete, empfängliche, entspann- te Unterbewusstsein ist dann jener fruchtbare Boden, auf den die Botschaften der Therapeutin fallen: klar, laut und deutlich ausgesprochene Aussagen mit suggestiver Wirkung, mit denen
rau S., im Übrigen eine ausgesprochen reflektierte, resolute und kritische Person, hatte das Gefühl, als sehe sie ihr »durchblutetes Unterbewusstes« bildlich vor
sich, eine unglaubliche Erfahrung, wie sie immer noch


































































































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