Page 10 - Freizeitarena
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gesund
  augentraining
 Wie guckst du?
Wie immer hat's der Volksmund schon gewusst: Formulierungen wie jene, dass Liebe blind macht oder man einen anderen Menschen nicht mehr sehen kann, deuten darauf hin, dass der Prozess des Sehens nicht nur eine Sache der Augen ist. Die sind nur für 20 % der Sehleistung zuständig, sagt der »Ganz- heitliche Sehtrainer« Bernd Hollstein. Die überwiegenden 80 % haben zum Beispiel etwas mit dem Gehirn zu tun, der Weiterlei- tung von über die Augen empfangenen Informationen via Nerven- bahnen.
Die These, gutes Sehen sei nicht allein eine Frage von Dioptrien- zahlen und Messwerten, sondern stehe in ganzheitlichen Zusam- menhängen, ist nicht neu. »Es liegt auf der Hand, dass ein stabiler, kräftiger Körperzustand, wie er sich aus beharrlicher Leibes-
ertüchtigung ergibt, eine heilsame Wirkung auch auf die Sinne ausübt, dass er sie für lange Zeit schärfer, voll- kommener werden lässt. Das Augenlicht etwa, zuvor noch getrübt, erfährt eine merk- liche Besserung. Mangelnde Sehkraft beruht, wie wir be-
obachten, oft auf der simplen Tatsache, dass der gesamte Orga- nismus einer Renovierung bedarf«, schrieb der amerikanische Dichter Walt Whitman 1858 in einer Zeitungsserie (die soeben unter dem Titel »Der schöne Mann« erstmals auf Deutsch
erschienen ist). »Renovieren« bzw. gesund erhalten kann man seinen Organismus auf unterschiedliche Weise. Bewegung, bewusste Ernährung, aber auch ein ausbalanciertes Seelenleben wirken sich auf das Sehen aus. Die Augen sind die Fenster zur Welt, weshalb nachlassende Sehleistung, so Hollstein, psycho- somatische Ursachen haben kann, zum Beispiel Stress.
Es ist ein weites Feld, dem sich Hollstein widmet. Als Betroffener war er mit einem zunehmenden Problem konfrontiert: Als Bank- angestellter verbrachte er viel Zeit am Computer und erfuhr die dadurch hervorgerufenen Belastungen am eigenen Leib: Trockene und tränende Augen, Rötungen kennen vermutlich viele Zeit- genossen, die einen Großteil ihrer Arbeits- und zunehmend auch Freizeit vor Bildschirmen verbringen. Hollstein machte das Dilemma bzw. dessen Lösung zum Beruf und bietet seit 2002 auch in Göttingen Einzelpersonen, Firmen sowie bei Bildungseinrich- tungen wie der VHS Kurse zum entspannteren Sehen am Arbeits- platz an. Das beginnt mit dessen angemessener Gestaltung: auch ergonomische Fehler (falsche Sitzhaltung) wirken sich auf die Sehfähigkeit aus, insbesondere jedoch das Licht: LED-Leuchten und das gesundheitsschädliche Blaulicht aus PC-Bildschirmen sind schlecht für die Augen. Primär unterweist Hollstein seine Kunden aber in Übungen, die jeder leicht erlernen und am Arbeits- platz anwenden kann. Eigentlich sind die Augen des Menschen darauf ausgerichtet, gut in die Ferne schauen zu können. Die Schöpfung ahnte noch nicht, wie wenig artgerecht der Mensch des 21. Jahrhunderts leben würde. Stundenlang starr einen mehr
  »Stundenlang starr einen mehr oder weniger kleinen Bildschirm zu fixieren,
war nicht im Sinne des Menschenerfinders.«























































































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