Page 18 - Freizeitarena 49
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gesund
selbstheilungskräfte
Der Göttinger Pastor Gert Liebenehm
und sein Engagement als Klinikclown
Heilen durch Dorthin kommen Klinikclowns wie Liebenehm nicht, um ein lustiges Unterhaltungsprogramm abzuliefern, wie man es vom Zirkus kennt. Ihre Rolle definiert sich über die Situation der Kinder: die sind krank, haben Angst, vielleicht auch Beschwerden. Auf alle Fälle leiden sie, wenn sie länger im Krankenhaus sind, unter Langeweile, und da ist jede Abwechslung erwünscht. Eines der Probleme besteht laut Liebenehm in der aufgezwungenen Passivität der Patienten, ihrem Gefühl von Ohnmacht und Unterlegenheit. Da setzt er an, denn hier kommt ein Clown, der zwar einerseits ganz ein­ deutig ein Erwachsener ist, wie die Eltern, Ärzte, das Pfle­ gepersonal. Doch der Clown sieht die Kinder vor allem als Kinder, die auch im Krankenhaus das wollen, was alle Kin­ der möchten: spielen und wachsen. Darin sind sie Exper­ ten, und so sieht sie auch der Clown: als Experten für ihre Wünsche und Ideen. Und darin ist er ihr Verbündeter. Er ist tollpatschig, ständig unterlaufen ihm Pannen, er ist mindestens auf Augenhöhe, wenn nicht gar unterlegen und muss die Kinder um Rat fragen und um Hilfe bitten. Das gibt den kleinen Patienten für kurze Zeit ihr Gefühl von Stärke und Souveränität zurück und hat beispielhaf­ ten Charakter. Denn der Clown zeigt, dass Scheitern nicht
schlimm ist: Er steht immer wieder auf.
Humor hat etwas mit Distanz zu tun, das gilt für jeden Witz, lacht man doch über etwas. Und Humor ist bekannt­ lich, wenn man trotzdem lacht. Der berühmte Galgenhu­ mor belegt, wie man durch Humor als Haltung auch in traurigen, schweren Situationen die eigene Würde bewah­ ren kann. Was natürlich auch für Kranke gilt. Selbstver­ ständlich kann ein Clown keine Krankheit heilen, doch sein Auftreten kann dazu führen, dass Patienten für eine kurze Zeitspanne Abstand gewinnen, sich erinnern kön­ nen an die eigene Lebenskraft und ­lust. Und wer weiß: Vielleicht hilft das dann doch beim Heilungsprozess.
Gert Liebenehm ist hauptberuflich Pastor in Niko­ lausberg. Er sagt, dass zweierlei das Pastor­ mit dem Clownsamt verbindet: zum einen die im Glau­ ben wurzelnde Kraft, schweren Schicksalen nicht
wehrlos ausgeliefert zu sein, der Glaube an das gute Ende, zum anderen der Umstand, dass die besagte Distanz zum Alltag sowohl Clowns als auch Geistlichen eigen ist: »christlicher Glaube in Kurzform« ist das Wesen der Clownstätigkeit. Als Studentenpastor ist Liebenehm über ein diakonisches Projekt zum Clown geworden, hat die Clownsschule TUT in Hannover besucht und sich dort zum Klinikclown ausbilden lassen. Ab 2002 ist er ehrenamtlich mit studentischen Gruppen im Klinikum aufgetreten, doch durch die Auswirkungen der Bologna­Reformen auf das Studium haben Studenten weniger Zeit, sich verbindlich zu engagieren. Dann macht Liebenehm das eben allein. Jeden letzten Donnerstag im Monat besucht er zwei Kin­ derstationen ­ mehr ist derzeit nicht möglich.
Humor
Die obligatorische rote Nase, dazu vielleicht eine etwas komische Kopfbedeckung – mehr bedarf es nicht, um den Leuten zu signalisieren: Hier ist ein Clown unterwegs. Es ist vor allem der Kontrast zum Umfeld, der die Clownsrolle herausstreicht. Denn die Manege des Clowns Gert Liebenehm ist das Uniklinikum, genauer: dessen Kinderstationen.
info
Weitere Informationen zum Thema bieten diese Websites
www.humorcare.com. www.humorhilftheilen.de
www.humorinstitut.de (Internetseite des Deutschen Instituts für Humor)
(Alle Angaben ohne Gewähr)


































































































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