Page 25 - Freizeitarena Heft 42
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»Urban Gardening« bzw. »Community Garde- ning«, städtisches, öffentliches Gärtnern also, kommt aus den USA, wo, beginnend mit den frühen 1970er Jahren, Großstadtbewohner Brachland für sich eroberten und in kleine Nutzgärten umwan- delten. Damit verbunden waren Ziele, die auch die mittlerweile zahlreichen vergleichbaren Initiativen in Deutschland teilen. Es geht darum, ungenutztes Terrain sinnvoll zu beleben, Men- schen, die über wenig Geld verfügen, den Anbau von Lebensmit- teln zu ermöglichen und Stadtbewohnern wieder ein Gefühl für die Herkunft dessen zu geben, was sie verspeisen. Es geht um klimapolitische Aspekte, die Förderung von Artenvielfalt und nicht zuletzt um gemeinschaftliches und befriedigendes Wer- keln. Das macht dann nicht nur Spaß, sondern kann weiterge- hende Zwecke erfüllen, etwa wenn gemeinsam mit Migranten oder Flüchtlingen gegärtnert wird. Diese integrative Funktion des »Urban Gardening« steht im Mittelpunkt der Arbeit der »Internationalen Gärten«, einer inzwischen bundesweit aktiven Organisation, die ihren Anfang 1995 in Göttingen nahm, wo sie derzeit an zwei Standorten in Grone und Geismar über Gärten mit Einzelparzellen und Gemeinschaftsflächen verfügt. Ein wei- teres Projekt ist der PermakulturRaum im Uni-Nordbereich. Dazu kommen zwei weitere am Wall: ein kleiner, quadratischer Garten neben dem Bismarckhäuschen sowie ein Teebeet im Cheltenhampark unweit der Stadthalle. Die Initiatoren sind mit- einander vernetzt, stehen zu ähnlichen Prinzipien und kooperie- ren mit der Stadt. Diese Kooperation ist durchaus sinnvoll, wie Birgit Busse vom Fachdienst Grünflächen betont. So stellt die Stadt nach einer gemeinsamen Ortsbegehung mit Interessier- ten geeignete Standorte zur Verfügung und unterstützt die Ini- tiatoren, wenn gewünscht, mit Know-how oder Sachleistungen und gibt einige wenige Regeln vor. So dürfen weder Bäume noch
giftige Gewächse gepflanzt werden.
Vor zwei Jahren kam es zu einer Wallbegehung von Fachdienst Grünflächen und sieben potentiellen Gärtnergruppen, die im Rahmen einer Klimaschutzwerkstatt der Stadt Göttingen Pro- jekte entwickelten, u.a. das eines aus Beerensträuchern beste- henden »Naschweges« am Wall oder einer Streuobstwiese. Zwei davon sind bis heute realisiert worden, weitere, u.a. am Heisenbergplatz, sind geplant. Eine starke Fluktuation inner- halb der Gruppen sieht Busse als eine Ursache dafür an, dass noch nicht mehr öffentliche Gärten existieren. Sie vermutet aber auch, dass manchen die Geduld und die Kenntnisse fehlen, einen Garten anzulegen und dauerhaft zu unterhalten. Über die- se Tugenden verfügen offensichtlich jene Frauen, die 2014 den Teegarten im Cheltenhampark angelegt haben, ein Hochbeet, in dem Teepflanzen wachsen, inspiriert von einem ähnlichen »offenen Garten«, den Sonja Tröster, eine der drei Initiatorin- nen, bei der letzten Documenta in Kassel erlebt hat. Jeden zwei- ten Dienstag treffen sich die Teegärtnerinnen an ihrem Beet und laden zum offenen Gärtnern und zu frisch aufgebrühtem Tee ein. Bei diesen Treffen können Interessierte mehr über die Göt- tinger Gartenprojekte erfahren. Repräsentativ für die Prinzipi- en des Urban Gardening ist auch der Teegarten ein bewusst öffentlicher Raum, der von möglichst vielen Menschen genutzt werden soll. Das fängt damit an, dass man eingeladen ist, den Garten zu nutzen und dort durchaus auch zu »ernten«, was allerdings nicht heißt, dass man Pflanzen ausgräbt, sondern allenfalls Blätter entnimmt. Erstaunlicher- und erfreulicher- weise funktioniert dieses Prinzip – zu Akten von Vandalismus ist es in den öffentlichen Gärten nicht gekommen. Es zielt aber
auch darauf ab, das Beet zu einem Treffpunkt werden zu lassen, an dem geselliges Leben entsteht, eine »community« engagier- ter Bürger, die Verantwortung für den Raum übernehmen, in dem sie leben.
Offensichtlich ist das in Göttingen nicht so einfach wie in Groß- städten – vielleicht weil Göttingen eine grüne, waldnahe und gartenreiche Stadt ist? Dabei drängen sich die Vorzüge, gar Not- wendigkeiten öffentlicher Gärten auf, weil das Bewusstsein für standortnah gewonnene gesunde Nahrungsmittel angesichts nicht abreißender Lebensmittelskandale zunimmt, ebenso wie das für eine mit Blick auf den Klimawandel sich ändernde Art, städtischen Lebensraum zu nutzen und zu gestalten. Diese Sen- sibilitäten allein dürften aber nicht ausreichen, um sich an einem der Stadt-Gärten zu beteiligen oder selber einen anzulegen: Im Mittelpunkt steht immer die Freude am Gärtnern, am Pflanzen, Hegen und Ernten in einer Gruppe Gleichgesinnter. (ts)
info
Internationale Gärten
Geiststraße 2
37073 Göttingen
Tel. 0551 3096519 www.internationale-gaerten.de
Stadt Göttingen
Fachdienst Grünflächen, Hiroshimaplatz 1-4, 37083 Göttingen
Tel. 0551 400-4547 www.goettingen.de
Informationen zum Teegarten und den anderen öffentlichen Gärten in Göttingen: www.naehrboden-goettingen.de
Weitere informative Websites: www.urbane-gaerten.de www.urban-gardening-manifest.de
Am Sonntag den 6. September 2015 findet die 3. Göttinger Garten- fahrradtour statt.
Alle, die ein Rad haben, sind herzlich zu dieser Ent- deckungstour durch die Göttinger Gartenprojekte eingeladen. In den Gärten informieren die Gärtne- rinnen und Gärtner über ihre jeweiligen Projekte. Die Tour endet am Teegarten im Cheltenhampark, wo ein kleines oder auch größeres gemeinsames Picknick stattfindet. Wer Lust hat, bringt etwas mit. Eine mobile Teeküche wird mit Tee und Kuchen aufwarten. Wer einen Kuchen backen möchte, kann dies unter 0176/23244655 anmelden.
Die Radtour beginnt um 13 Uhr vor dem neuen Rat- haus und endet um ca. 17.30 Uhr am Teegarten im Cheltenhampark. Die Teilnahme ist kostenlos.Die Route ist unter www.naehrboden-goettingen.de/ neues-aus-den-projekten einsehbar.
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(Alle Angaben ohne Gewähr)


































































































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