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Alle in einem Boot
Sie kamen in friedlicher Absicht, die Initiatoren einer Drachenbootflotte auf dem Göttinger Kiessee. Im Gegensatz zu den Kriegern aus Papua, die sich in alten Zeiten in Langbooten mit hundert Mann Besatzung auf den Weg machten, um in feindlichen Buchten Angst und Schrecken zu verbreiten. »Bootsfahren in der Südsee«, so weiß Hans-Jürgen Mack, Referent des Stadtsportbunds Göttingen (SSB), »diente nicht nur der Nahrungsbeschaffung, sondern auch der Kolonisation neuer Ländereien.«
Die Bootskultur der Südsee ist aber nur eine mögliche Quelle des modernen Drachenbootsports, nicht minder prägend war wohl diejenige Chinas, die auch direkt auf die Ausgestaltung der Drachenboote eingewirkt hat: Vor
allem die reich bemalten oder mit Schnitzwerk verzierten, oft mit Drachenköpfen versehenen, langen und schlanken Paddel- boote verweisen auf diesen historischen Strang, der bis in die Zeit um 500 v. Chr. zurückreicht, als Drachenboote den Jangt- sekiang befuhren. Von dort bis zum Göttinger Kiessee ist es ein ebenso weiter Weg wie von den altchinesischen Dynastien bis zur Moderne, den 1970er Jahren, als in Hongkong zu touristi- schen Schau- und Vergnügungszwecken erstmals wieder Dra- chenbootrennen veranstaltet wurden. Seither hat der Drachen- bootsport begonnen, sich in der ganzen Welt auszubreiten. In den 1980er Jahren erreichte er Deutschland, erste Rennen fan- den 1987 im Rahmen der Kanu-WM in Duisburg statt, bald dar-
auf wurden erste Vereine, 1990 der Deutsche Drachenbootver- band gegründet, ein Jahr später wurde erstmals eine Deutsche Meisterschaft ausgerichtet. Wie es sich gehört, hatte sich eine junge Sportart institutionalisiert mit Strukturen und einem ordentlichen Regelwerk. Dass dem Drachenbootsport aber immer noch der Charakter einer Orchideensportart eignet, sieht man daran, dass Regel- und Organisationswerk noch von einer gewissen Anarchie geprägt sind, zumindest gibt es zwei Verbände, neben dem DDV eine Untersparte im Rahmen des Deutschen Kanu-Verbands. Dass beide Verbände eigene Meis- terschaften ausrichten, dürfte einer zielstrebigen Ausbreitung des Sports nicht förderlich sein.
I
teten negative Auswirkungen auf die Vogelwelt: Die langen,
n Göttingen gab es zunächst andere Hindernisse: Nachdem Pläne publik wurden, den Kiessee mit Drachenbooten zu befahren, rief das die Naturschützer auf den Plan. Sie fürch-
schnellen Boote würden hohe Wellen schlagen, welche sich auf das Brutverhalten der Wasservögel ebenso schädlich auswir- ken könnten wie der Lärm, den Drachenboote verursachen. Klassischerweise gehört zu der aus 20 Paddelnden sowie einem Steuermann bestehenden Besatzung nämlich auch ein Tromm- ler, der den Rhythmus vorgibt. Die Bedenken konnten bei einem Testlauf zerstreut werden, da die Welle der »Drachen« nur geringfügig ist. Nach einigen Diskussionen wurde unter Ver- mittlung von Ex-OB Wolfgang Meyer eine Lösung gefunden, die salomonisch allen Interessen gerecht wird: Die Flotte wird auf zwei Boote reduziert, auf Trommler wird verzichtet und die Strecke ist auf eine Wettkampfdistanz von 500 Metern begrenzt worden. Damit war der Weg frei für die beiden Boote, die 2015, gesponsert von der VGH und der Sparkasse Göttingen, ange- schafft wurden, eins für den Hochschulsport, eins für den SSB.
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